Zypries sieht Lernbedarf bei Familienrichtern

Podiumsdiskussion: Bundesjustizministerin redet in Eppertshausen über
Scheidungskinder



EPPERTSHAUSEN. Um das Schicksal von Scheidungskindernging es bei einer
Podiumsdiskussion im Eppertshäuser Haus der Vereine. Eingeladen hatte dazu
die Volksbank in Kooperation mit einem Arbeitskreis des Eppertshäuser
Fußballvereins, der im vergangenen Jahr unter dem Stichwort „Familienbande
einen der Bundespreise der „Sterne des Sports“ erhalten hatte.

„Bei der Preisverleihung in Berlin hatten wir Bundesjustizministerin
Brigitte Zypries gebeten, zu einer Podiumsdiskussion nach Eppertshausen zu
kommen. Und jetzt hat das geklappt“, freute sich Lutz Murmann von der
Volksbank und Mitorganisator der Podiumsdiskussion, zu der etwa 80 Zuhörern
gekommen waren. Vor allem Väter fühlen sich bei Scheidungen oft als
Zahlmeister und bei den Kontakten zu ihren Kindern im Nachteil. Das Thema
war emotional. Einer der Väter war den Tränen nahe, als er seinen Fall
schilderte. Der Familienrichter hatte ihm nach dem Wegzug seiner
geschiedenen Frau zu einem neuen Freund einige hundert Kilometer Fahrt
zugemutet, um sein Kind zu sehen. Auch die Ministerin sah Lernbedarf bei den
Familienrichtern. Bei denen haben die Väter in der Regel bisher schlechte
Karten, wenn eine Ehe zerbricht.

Kinderpsychologin Wera Fischer sagte, dass Scheidungskinder verlässliche und
starke Eltern suchen, die beide für sie da sind. Es sei falsch, einem
Elternteil die Verantwortung zu entziehen. Die Kinder brauchten Vater und
Mutter. Aber: Die Kinder würden häufig in die Konflikte hineingezogen,
regelrecht zerrissen, betonte Verone Schöninger vom Deutschen
Kinderschutzbund.

Ismail Özdemir, engagiert im Projekt „Familienbande“, konstatierte, dass
Kinder oftmals flunkerten, wenn sie etwa zur Mutter sagten, dass sie lieber
bei ihr als bei ihrem Vater seien. Der Medizin-Soziologe Ulrich Müller sah
Väter vor Gericht in einer schwachen Position, weil die Gesetze so ausgelegt
würden. Das Sorgerecht sollte nicht so sehr in den Hintergrund gerückt, das
Umgangsrecht nicht so in den Vordergrund gestellt werden, meinte er. Sonst
werde der Vater nur zum Zoo- und Eisdielen-Papi für die Kinder.

Als nach eineinhalb Stunden die Bundesjustizministerin zu einem anderen
Termin aufbrechen wollte, gab es noch Diskussionsbedarf, so dass sie länger
als geplant Rede und Antwort stand.