Antwort

der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Michaela Noll, Ute Granold, Maria Eichhorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/2340 –

Kindschaftsrechtsreform



    Vo r b e m e r k u n g   d e r   F r a g e s t e l l e r

    Am 1. Juli 1998 ist das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz, KindRG) in Kraft getreten. Es brachte umfangreiche Neuregelungen, insbesondere im Bereich des Sorge- und Umgangsrechts. Der Gesetzgeber verfolgte mit dieser Reform eine grundsätzliche Stärkung der Elternautonomie und der Rechte des Kindes.

    Um die Auswirkungen des KindRG untersuchen zu lassen und Erkenntnisse für eventuelle notwendige Anpassungen zu erhalten, hatte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) im September 1998 eine Begleitforschung zur Umsetzung des Kindschaftsrechtsreformgesetzes in Auftrag gegeben. Auftragnehmer war Prof. Dr. Roland Proksch von der Evangelischen Fachhochschule Nürnberg.

    Der Abschlussbericht der Begleitforschung wurde inzwischen veröffentlicht (Roland Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts, Köln 2002). Die Ergebnisse der Begleitforschung zeigen Schwierigkeiten und Defizite auf, die Grundlage für eine Weiterentwicklung des Kindschaftsrechts sein können. Auch der 15. Deutsche Familiengerichtstag hat im September 2003 in mehreren Arbeitskreisen gesetzgeberischen Handlungsbedarf auf dem Gebiet des Kindschaftsrechts aufgezeigt.


  1. Welche konkreten Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus der vorgelegten Begleitforschung zur Umsetzung des KindRG gezogen?

Trennung und Scheidung sind Krisenprozesse für Eltern und Kinder, für die sie regelmäßig keine eingeübten Verhaltens- und Bewältigungsmuster zur Verfügung haben. Ungelöste Beziehungskonflikte auf der Paarebene überdauern häufig die Scheidung und belasten die elterlichen Beziehungen. Folge dieser Beziehungskonflikte ist häufig, dass die Eltern auch in den Angelegenheiten des Kindes nicht mehr kooperieren. Es entstehen Probleme u. a. bei der Gewährung von Umgang und der Zahlung von Unterhalt.

Beziehungskonflikte geschiedener Eltern lassen sich nicht mit Hilfe von Gesetzen lösen. Der Gesetzgeber kann jedoch mit Regelungen für das Verhalten der Eltern in Angelegenheiten des Kindes einen gesetzlichen Rahmen zur Verfügung stellen, der eine befriedigende, gemeinsame Gestaltung der nachehelichen Verantwortung von Eltern strukturell positiv beeinflusst. Nach dem Ergebnis der Begleitforschung von Prof. Dr. Roland Proksch ist dem Gesetzgeber dies mit den Neuregelungen der Kindschaftsrechtsreform gelungen. Das Kindschaftsrechtsreformgesetz hat sich insgesamt bewährt, was jedoch nicht ausschließt, dass in einzelnen Bereichen des Kindschaftsrechts weiterhin gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht (siehe Antwort auf Frage 3).


  1. Wie bewertet die Bundesregierung die Umsetzung des KindRG im Hinblickauf eine generell verbesserte Rechtsstellung des Kindes und der Erhöhung elterlicher Autonomie?

Die Rechtsstellung des Kindes ist im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform deutlich verbessert worden. Diesem Ziel dienen u. a. die Einführung des Rechtsinstituts des Verfahrenspflegers ("Anwalt des Kindes"), die ausdrückliche Regelung des begleiteten Umgangs, die Einführung eines gerichtlichen Vermittlungsverfahrens bei Umgangskonflikten und die Ausgestaltung des Umgangsrechts auch als subjektives Recht des Kindes. Diese Neuregelungen sind in der Praxis gut aufgenommen worden, wobei der Bestellung eines Verfahrenspflegers und der Anordnung eines begleiteten Umgangs besondere Praxisrelevanz zukommt. Nach der von Prof. Dr. Roland Proksch durchgeführten Praktikerbefragung (Richter, Rechtsanwälte, Mitarbeiter von Jugendämtern) ist das Ziel der Verbesserung der Rechtsstellung des Kindes überwiegend "sehr gut/gut“, mindestens aber "zufriedenstellend“ erreicht worden.

Auch im Hinblick auf das Ziel, die elterliche Autonomie zu stärken und einvernehmlichen Konfliktlösungen den Vorrang vor gerichtlichen Entscheidungen einzuräumen, sind positive Auswirkungen der Reform festzustellen. Insbesondere die von Prof. Dr. Roland Proksch befragten Richter und Jugendamtsmitarbeiter haben angegeben, dass Eltern sich besser als vor der Kindschaftsrechtsreform für die gemeinsame Arbeit an einer eigenverantwortlichen Regelung gewinnen und davon überzeugen lassen, dass eine eigene Regelung die zu bevorzugende Lösung ist.


  1. Welche Aspekte des KindRG sind aus Sicht der Bundesregierung gelungen?

    Sieht die Bundesregierung auf dem Gebiet des Kindschaftsrechts gesetzlichen Nachbesserungsbedarf?

    Wenn ja, welchen?

Die Änderungen der Kindschaftsrechtsreform betrafen nahezu alle Bereiche des Kindschaftsrechts. Als gelungen können aus derzeitiger Sicht insbesondere gelten: die Neuregelung des Abstammungsrechts, die Einführung der Beistandschaft, die Abschaffung des Zwangsverbundes von Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren und deren Ersetzung durch ein modifiziertes Antragsprinzip, die Ausgestaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach Trennung und Scheidung ("Alltagssorge" des betreuenden Elternteils), die Einführung eines Rechts des Kindes auf Umgang, die rechtliche Gleichstellung des nicht mit der Mutter des Kindes verheirateten Vaters mit dem geschiedenen Vater im Umgangsrecht, die Ausweitung des Kreises der umgangsberechtigten Personen auf Großeltern und andere Bezugspersonen, die Ausgestaltung der Beratung und Unterstützung durch die Kinder- und Jugendhilfe als Leistungen, auf die Eltern und Kinder einen Anspruch haben (sog. Anspruchsleistungen).

Die Förderung der einvernehmlichen Konfliktlösung durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz hat zu einer signifikanten Zunahme der Inanspruchnahme von Angeboten der Beratung nach § 17 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geführt. Die Jugendämter oder Beratungsstellen bei Trägern der freien Jugendhilfe werden von den Eltern, Kindern und Jugendlichen zu sorgeund umgangsrechtlichen Fragen regelmäßig nicht nur während gerichtlicher Verfahren kontaktiert, sondern auch unabhängig davon. Insoweit hat die Normierung des Umgangsrechts als Recht der Kinder und Pflichtrecht der Eltern in § 1684 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) neue Perspektiven für die außergerichtliche Konfliktlösung und die Hilfe für die betroffenen Familien eröffnet. In den Beratungsprozessen hilft die Erweiterung der Möglichkeiten einer fortbestehenden gemeinsamen Sorge und deren Begründung durch die Abgabe von Sorgeerklärungen, den Eltern die gemeinsame und jeweilige Verantwortung zu vermitteln und die Eltern zu deren Übernahme zu motivieren.

Zu der Frage, ob nach der Kindschaftsrechtsreform weiterer gesetzlicher Handlungsbedarf besteht, hat Prof. Dr. Roland Proksch in seiner Studie ausgeführt, dass er wegen der grundsätzlichen Akzeptanz der von ihm überprüften Neuregelungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht empfehle, einer Änderung der Neuregelung nahe zu treten. Vor dem Hintergrund festgestellter Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung und Durchsetzung von Umgangsrechten hat er jedoch empfohlen zu prüfen, durch welche verfahrensrechtlichen Maßnahmen das Recht des Kindes auf Umgang im Konfliktfall der Eltern besser geschützt bzw. umgesetzt werden kann. Diese Anregung wird im Rahmen der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens aufgegriffen werden, die derzeit im Bundesministerium der Justiz (BMJ) vorbereitet wird. Die Reform des familiengerichtlichen Verfahrens bietet zudem Gelegenheit, verfahrensrechtliche Veränderungswünsche zu prüfen, die in der Vergangenheit an das BMJ herangetragen wurden, insbesondere zum Verfahrenspfleger gemäß § 50 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) und zur Beschleunigung der Verfahren.

Im Übrigen wird derzeit im BMJ geprüft, ob es mit Blick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Januar 2003 sinnvoll ist, die Vorschriften über das Recht der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern zu ändern.


  1. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die tatsächliche Anhörung der Kinder in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren sicherzustellen?

Aus der Begleitforschung zum Kindschaftsrechtsreformgesetz ist bekannt, dass die Kindesanhörung in Sorge- und Umgangsverfahren ganz überwiegend tatsächlich auch durchgeführt wird. Die Einhaltung der in § 50b FGG normierten Verpflichtung zur Anhörung des betroffenen Kindes, die durch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte inzwischen eine weite Auslegung erfahren hat, ist sichergestellt. Ein Verstoß ist regelmäßig als wesentlicher Verfahrensfehler anzusehen, der zur Aufhebung der Entscheidung führt. Die Verfahrensbeteiligten, insbesondere ein für das Kind bestellter Verfahrenspfleger, haben die Möglichkeit, bei Gericht auf die Anhörung des Kindes hinzuwirken, was erfahrungsgemäß auch geschieht.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung die folgenden, mit dem KindRG neu eingeführten Instrumentarien:

    1. des Verfahrenspflegers ("Anwalt des Kindes") nach § 50 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG),


    2. des gerichtlichen Umgangsvermittlungsverfahrens nach § 52a FGG und


    3. des betreuten Umgangs?

Die durch das KindRG neu eingeführte Möglichkeit, dem Kind einen Verfahrenspfleger zu bestellen, hat sich grundsätzlich als wirksames Mittel zur Wahrnehmung der Rechte des Kindes bewährt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Gesetzgeber damit seinen aus dem Grundgesetz folgenden Schutzpflichten für das Kind hinreichend nachgekommen ist (BVerfG NJW 2003, S. 3544 f.). Das gerichtliche Umgangsvermittlungsverfahren ist ebenfalls positiv zu bewerten, auch wenn die Eltern nach der Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch davon noch eher zurückhaltend Gebrauch machen. Diese grundsätzlich positive Einschätzung schließt nicht aus, dass zu beiden Rechtsinstituten einzelne Modifikationen erfolgen können. Dies ist Gegenstand der derzeitigen Diskussion zur Neuordnung des familiengerichtlichen Verfahrens.

Der Umgang des Kindes mit seinen Eltern oder anderen Bezugspersonen soll grundsätzlich ohne Beisein einer Aufsichtsperson stattfinden. Die Anordnung eines sog. betreuten oder begleiteten Umgangs durch das Familiengericht kann jedoch zum Schutz des Kindes erforderlich sein, z. B. bei vorangegangener häuslicher Gewalt oder Gefahr einer Kindesentführung. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat das Gericht stets die Möglichkeit eines begleiteten Umgangs zu prüfen, bevor es den Umgang vollständig ausschließt. Der begleitete Umgang darf jedoch nicht als "Allheilmittel" gesehen werden. So kann etwa auch ein begleiteter Umgang auszuschließen sein, wenn das Kind durch die Aufsichtsperson zwar objektiv geschützt ist, jedoch die Besuchskontakte aufgrund nicht verarbeiteter Vorgänge psychisch nicht zu bewältigen vermag.


  1. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung die unterschiedliche Ausgestaltung der Verfahrenspflegschaft in der Praxis der Familiengerichte bewertet?

Nach § 50 FGG kann das Gericht dem minderjährigen Kind einen Verfahrenspfleger bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Auch werden die Fälle aufgezählt, in denen die Erforderlichkeit in der Regel gegeben ist. Ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Bestellung und der Aufgabenkreis einer Präzisierung zugeführt werden sollen, wie verschiedentlich angeregt, ist ebenfalls Gegenstand der derzeitigen Reformüberlegungen und Diskussionsgegenstand in den Expertengruppen.


  1. Wie viele Familienrichter (absolut und prozentual) haben seit 1998 Fortbildungen zur Verfahrenspflegschaft in Anspruch genommen?

Seit 1998 haben sowohl die Deutsche Richterakademie als überregionale Fortbildungsstätte der Richterinnen und Richter aller Gerichtsbarkeiten sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als auch die Landesjustizverwaltungen im Rahmen ihrer landeseigenen Fortbildung im Zusammenhang mit der Reform des Kindschaftsrechts eine Vielzahl von Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt; auf vielen dieser Tagungen wurden auch Fragen der Verfahrenspflegschaft behandelt. Genaue Zahlen liegen der Bundesregierung hierzu nicht vor.


  1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass das Instrument der Verfahrenspflegschaft von den Richtern bisher wenig genutzt wird?

Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.


  1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Ausbildung der bisher tätigen Verfahrenspfleger?

    Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die spezifischen Anforderungen und Qualifikationen eines Verfahrenspflegers?

Es ist bekannt, dass durch mehrere Institutionen Ausbildungsgänge und Weiterbildungsveranstaltungen für Verfahrenspfleger angeboten werden. Statistisches Material über die konkrete Ausbildung der bisher tätig gewordenen Verfahrenspfleger liegt jedoch nicht vor. Der Studie von Prof. Dr. Roland Proksch (S. 248) ist zu entnehmen, dass psychologische und rechtliche Kenntnisse sowie kommunikative Fähigkeiten eines Verfahrenspflegers von den befragten Richtern und Anwälten für wichtig gehalten werden. Von einem spezifischen Anforderungsprofil oder bestimmten Qualifikationsmerkmalen hat der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Einführung des Verfahrenspflegers – mit Rücksicht auf die in das Ermessen des Gerichts gestellte Auswahlentscheidung – seinerzeit bewusst abgesehen. Ein Anliegen der Regelung ist es, dem Gericht die Möglichkeit zu geben, bezogen auf den Einzelfall eine geeignete Person auszuwählen, die unter Umständen auch ein engagierter Laie sein kann.

Im Rahmen der Neuordnung der familiengerichtlichen Verfahren wird sich das BMJ mit der insbesondere von Verbänden zur Fassung des § 50 FGG vorgebrachten Kritik eingehend auseinandersetzen und sich der Problematik annehmen.


  1. Besteht aus Sicht der Bundesregierung die Notwendigkeit der Erarbeitung von verbindlichen Qualitätsstandards für Verfahrenspflegschaften?

    Wie unterstützt die Bundesregierung langfristig die spezifische Ausbildung und Qualifizierung von Verfahrenspflegern?

Qualitätsstandards, wie etwa psychologische und rechtliche Kenntnisse sowie besondere kommunikative Fähigkeiten, sind zwar hilfreich, sollten aber nicht zur zwingenden Voraussetzung einer Bestellung gemacht werden. Die Möglichkeit des Gerichts, im Einzelfall eine für die individuelle Konstellation, etwa wegen seiner persönlichen Beziehungen, besonders geeignete, ggf. auch ehrenamtlich tätige Person zu bestellen, sollte nicht ausgeschlossen werden (vgl. Antwort zu Frage 9). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst bei Sachverständigen die Erfüllung einer bestimmten formalen Qualifikation nicht Voraussetzung für eine Bestellung ist, entscheidend ist die Einschätzung der Eignung durch das Gericht.


  1. Warum hat das BMJ entgegen immer wieder erhobenen Forderungen bislang keine rechtstatsächliche Untersuchung der Implementierung der mit dem KindRG neu eingeführten Verfahrenspflegschaft in Auftrag gegeben?

    Wird die wissenschaftliche Begleitforschung noch erfolgen?

    Wenn ja, wann?

Einige Ergebnisse zu Bestellung und Qualifikation von Verfahrenspflegern sind in der Arbeit von Prof. Dr. Roland Proksch (S. 247 ff.) enthalten. Eine umfassende Untersuchung zur Einrichtung des Verfahrenspflegers erschien mit Rücksicht auf das derzeit laufende Reformvorhaben wenig sinnvoll und ist vor diesem Hintergrund zurückgestellt worden.


  1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung der Begleitforschung, "zu prüfen, durch welche verfahrensrechtlichen Maßnahmen das Recht des Kindes auf Umgang im Konfliktfall der Eltern besser geschützt bzw. umgesetzt werden kann"?

    Wie gedenkt die Bundesregierung, diese Empfehlung umzusetzen?

Die angesprochenen Fragen der Umsetzung des Umgangsrechts, der Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung, der etwaigen Einführung eines "Umgangspflegers" sowie von Veränderungen im Vollstreckungsrecht werden im Rahmen der geplanten Neuordnung des familiengerichtlichen Verfahrens als Teil eines neuen Gesetzes zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit überprüft. Es wurden im Benehmen mit den Landesjustizverwaltungen zwei Arbeitsgruppen eingesetzt, die mit Wissenschaftlern und Praktikern besetzt sind und den Reformprozess begleiten. Den Ergebnissen der Arbeit der Expertengruppen soll nicht vorgegriffen werden. Gegenstand der Überlegungen werden auch die Vorschläge aus dem Referentenentwurf zum internationalen Familienrecht sein, die vorsehen, durch Ordnungsmittel (anstelle von Zwangsmitteln) eine effektivere Zwangsvollstreckung und damit eine verbesserte praktische Wirksamkeit des materiellen Rechts zu erzielen.


  1. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung, um im Interesse des Kindeswohls die Sorge- und Umgangsrechtsverfahren zu beschleunigen?

Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen.


  1. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung bezüglich der Handhabung von Umgangsrechtsregelungen im Zusammenhang mit einer Gewaltproblematik in der Familie vor?

Im Falle einer Gewaltproblematik in der Familie hat das Familiengericht zu prüfen, ob der von dem gewalttätigen Elternteil begehrte Umgang dasWohl des Kindes gefährden würde. Dies kann nicht nur dann zu bejahen sein, wenn das Kind von dem gewalttätigen Elternteil selbst Gewalt erfahren hat, sondern auch dann, wenn es Zeuge von dessen Gewalt gegenüber einer anderen Person – etwa der Mutter – geworden ist. Zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung kann das Gericht den Umgang einschränken oder ausschließen, wobei eine Umgangseinschränkung auch durch die Anordnung eines begleiteten Umgangs erfolgen kann. Nach der Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch ziehen zwei Drittel der befragten Familienrichter einen Ausschluss oder eine Einschränkung des Umgangsrechts auch dann in Betracht, wenn sich die Gewalt des Umgang begehrenden Elternteils nicht gegen das Kind, sondern allein gegen den anderen Elternteil gerichtet hat.


  1. Wie viele Umgangsrechtsverfahren mit Großeltern waren in den Jahren 2002/2003 vor Familiengerichten anhängig?

    Wie hoch ist die Zahl der Fälle (absolut und prozentual), bei denen das Umgangsrecht ausgeschlossen wurde?

Eine Statistik von Umgangsverfahren mit Großeltern liegt der Bundesregierung nicht vor. Die Justizstatistik unterscheidet bei Verfahren zur Regelung des Umgangs nicht, ob es um Umgang der Eltern oder um Umgang anderer Bezugspersonen des Kindes geht. Im Rahmen der Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch haben die befragten Familienrichter überwiegend angegeben, dass sich die Ausweitung des Umgangsrechts auf Großeltern und andere Bezugspersonen „kaum/gar nicht“ auf die Zahl der Umgangsverfahren ausgewirkt hat. Sie stufen die Anzahl der Verfahren mit Großeltern und anderen Bezugspersonen in dem Bereich bis zu fünf Verfahren pro Jahr ein.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des 15. Deutschen Familiengerichtstages, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um einen Ergänzungspfleger mit Wirkungskreis "Gestaltung des Umgangs" zu bestellen?

Die Bestellung eines Ergänzungspflegers mit dem Wirkungskreis "Gestaltung des Umgangs" ist zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung bereits nach geltendem Recht (§ 1666 BGB) möglich. Dies wurde in jüngerer Zeit durch mehrere Entscheidungen von Oberlandesgerichten klargestellt. Im BMJ wird geprüft, ob es gleichwohl sinnvoll ist, die Möglichkeit der Anordnung einer Umgangspflegschaft ausdrücklich gesetzlich zu regeln. Dabei muss auch geklärt werden, ob die Umgangspflegschaft ein Instrument des materiellen Rechts (Ergänzungspfleger) oder des Vollstreckungsrechts sein soll. Im letzteren Fall würde es sich anbieten, den Umgangspfleger im Rahmen der geplanten Neuordnung des familiengerichtlichen Verfahrens zu regeln. Dazu wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik von Verbänden zur schwierigen Durchsetzbarkeit des Umgangsrechts auch nach dem neuen Recht?

Die Bundesregierung nimmt die Kritik ernst. Dass insoweit Schwierigkeiten und Defizite bestehen, hat die Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch bestätigt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen.


  1. Sollten aus Sicht der Bundesregierung die in § 33 FGG genannten Zwangsmittel um die Anordnung einer Umgangspflegschaft erweitert werden?

Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen.


  1. Wann ist mit der im Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 angekündigten Reform des FGG zu rechnen?

Es ist geplant, zur Reform des FGG und des familiengerichtlichen Verfahrens noch in dieser Legislaturperiode einen Regierungsentwurf vorzulegen.


  1. Wie sollten aus Sicht der Bundesregierung die Rahmenbedingungen für ein verbessertes Zusammenwirken der Verfahrensbeteiligten aus verschiedenen Berufszweigen (Familiengericht, Jugendamt, Rechtsanwälte, Verfahrenspfleger, Sachverständige) ausgestaltet werden?

Die Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch zeigt auf, dass die fall- und professionsübergreifende Kooperation vor Ort flexibel gehandhabt wird. Wenn hier Verbesserungsmöglichkeiten gesehen werden, so dürfen auch die Grenzen entsprechender Strukturen nicht aus dem Blick geraten. Eine Kooperation der Verfahrensbeteiligten setzt die Bereitschaft der angesprochenen Personenkreise zu freiwilliger Mitwirkung voraus und ist zudem eine Frage personeller und sächlicher Ressourcen. Hinzu kommt, dass eine Mitwirkung von Richtern nur unter Beachtung ihrer grundgesetzlich festgelegten Funktion und der Verfahrensgrundsätze erfolgen kann. Insbesondere dürfen Kooperationsvereinbarungen den Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Gerichts in einzelnen Verfahren nicht beschränken.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer verbindlichen Formulierung berufsspezifischer Standards oder von Kooperationsvereinbarungen vor Ort?

Auf die Antworten zu den Fragen 10 und 20 wird verwiesen.


  1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Empfehlung der Begleitforschung, die strukturell positiven Wirkungen der neuen Regelungen des KindRG für Eltern und ihre Kinder durch den weiteren Ausbau von Beratung und Unterstützung vor Ort zu stützen bzw. zu fördern?

Die Beratungs- und Unterstützungsangebote vor Ort haben seit 1998 bundesweit einen erheblichen Ausbau erfahren. Nicht zuletzt die Finanzkrise der Kommunen hat jedoch dazu beigetragen, dass sicherlich noch nicht alle Potenziale ausgeschöpft wurden und nach wie vor nicht jeder Bedarf an Beratung und Unterstützung befriedigt werden kann. Insbesondere die Angebote des begleiteten Umgangs haben jedoch gerade in den letzten zwei Jahren eine erhebliche Erweiterung und Qualifizierung erfahren. In einem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Forschungsprojekt zur "Entwicklung von Interventionen im Scheidungsgeschehen – Beaufsichtigter und begleiteter Umgang gemäß § 1684 Abs. 4 BGB" hat das Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) vorläufige deutsche Standards zum begleiteten Umgang erarbeitet (siehe dazu die Antwort auf Frage 27).

Die Rechtsgrundlage für die verschiedenen Beratungsleistungen bildet das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII). Diese sind als Rechtsanspruch ausgestaltet (§ 17 Abs. 1, § 18 Abs. 3 SGB VIII). Damit besteht kein weiterer Regelungsbedarf seitens des Bundes. Da nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes die Ausführung und damit die Finanzierung des Gesetzes Aufgabe der Länder (und Kommunen) ist, hat der Bund keine Möglichkeit, auf einen weiteren Ausbau einzuwirken.


  1. Hat die Bundesregierung eine wissenschaftliche Begleitforschung in Auftrag gegeben, mit dem Ziel zu prüfen, inwieweit Mediation zur Beilegung von Kindschaftskonflikten beitragen kann?

Ein Forschungsvorhaben der Bundesregierung, das sich allgemein mit Mediation zur Beilegung von Kindschaftskonflikten befasst, gibt es nicht. Das BMJ führt jedoch ein Modellprojekt zu professioneller internationaler Familienmediation durch. Der Schwerpunkt liegt in deutsch-französischen Umgangsfällen, die insbesondere an die deutsch-französische parlamentarische Mediatorengruppe herangetragen werden und die dann in geeigneten Einzelfällen jeweils einem binationalen professionellen Mediatorenpaar anvertraut werden. Um die gewonnenen Erfahrungen möglichst nutzbringend für zukünftige Überlegungen auszuwerten, wurde eine wissenschaftliche Begleitforschung in Auftrag gegeben. Mit Ergebnissen ist im Jahre 2005 zu rechnen.

In den Ländern gibt es verschiedene Initiativen und Projekte, die Mediation als Alternative zu gerichtlichen Verfahren gerade auch im Bereich des Familienrechts erproben. Die Bundesregierung beobachtet diese Projekte aufmerksam und wird zu gegebener Zeit prüfen, inwieweit weitere Studien erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob Mediation in Kindschaftskonflikten besonders gefördert oder unterstützt werden sollte.


  1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass auch außergerichtliche Möglichkeiten der eigenverantwortlichen Konfliktregelung (z. B. Familienmediation) finanziell unterstützt werden müssen?

    Wenn ja, wie?

In familienrechtlichen Streitigkeiten haben sich Angebote zur außergerichtlichen Konfliktbewältigung wie beispielsweise Mediation bewährt und etabliert. Dabei ist die Beratung und Unterstützung von Eltern und Kindern in Sorge- und Umgangsangelegenheiten durch die Jugendämter und Beratungsstellen bei Trägern der freien Jugendhilfe (§§ 17, 18 SGB VIII) kostenfrei. In rund 25 % der Jugendämter gehört nach der Untersuchung von Prof. Dr. Roland Proksch auch Mediation zum Standardangebot. Die Bundesregierung ist vor diesem Hintergrund der Auffassung, dass breit angelegte staatliche Initiativen zur finanziellen Unterstützung und Entwicklung außergerichtlicher Möglichkeiten der eigenverantwortlichen Regelung von Konflikten im familienrechtlichen Bereich (insbesondere zur Lösung von Kindschaftsrechtsstreitigkeiten) gegenwärtig nicht erforderlich sind. Die Bundesregierung steht den vielfältigen Initiativen verschiedener Verbände und Institutionen zur Sicherung der Qualitätsstandards für die Mediationstätigkeit und zur Ausweitung des Angebots im Bereich der Familienmediation aber ausdrücklich aufgeschlossen gegenüber und unterstützt das Bemühen um weitere Etablierung von außergerichtlichen Streitschlichtungs- und Mediationsmöglichkeiten.

Der Förderung von Modellprojekten auf der Ebene der Bundesländer, etwa der "gerichtsnahen Mediationsstellen", wie dies beispielsweise in Niedersachsen geschieht, kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls besondere Bedeutung zu. Die Bundesregierung verfolgt solche Projekte mit großer Aufmerksamkeit. Mit dem Plan des Aufbaus einer bundesweiten Informationsplattform über den Zugang zu Mediationsangeboten im BMJ soll zudem versucht werden, den qualitativen und quantitativen Nutzen dieser Verfahren für unser Justizsystem zu steigern und die Chancen einer Inanspruchnahme von qualifizierten Angeboten in diesem Bereich für den Bürger zu verbessern.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung des 15. Deutschen Familiengerichtstages, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um die Eltern zur Teilnahme an einer Maßnahme zur Konfliktbewältigung (Beratung) verpflichten zu können?

Die Empfehlung des Deutschen Familiengerichtstages wird im BMJ geprüft.

Zunächst ist auf die bereits bestehende Möglichkeit eines Vermittlungsverfahrens nach § 52a FGG hinzuweisen. Danach hat das Gericht auf Antrag eines Elternteils beide Eltern persönlich zu einem Vermittlungstermin zu laden, in dem auf die Rechtsfolgen einer Erschwerung oder Vereitelung des Umgangs hingewiesen und eine einvernehmliche Lösung bestehender Probleme bei der Ausübung des Umgangsrechts versucht wird. Wirkt ein Elternteil im Vermittlungsverfahren nicht mit, hat das Gericht nach § 52a Abs. 5 FGG zu prüfen, ob die Umgangsregelung geändert oder Zwangsmaßnahmen oder Maßnahmen im Hinblick auf die elterliche Sorge ergriffen werden sollen. Zudem werden bereits jetzt Beratungsangebote der Jugendämter sowie freier Träger der Kinderund Jugendhilfe von den Betroffenen in zahlreichen Fällen vor oder während eines Verfahrens von sich aus in Anspruch genommen.Weiter kann das Gericht auch ohne Zwangsmittel die Beteiligten vor oder in einem Termin dazu anhalten, sich zum Zweck der Beratung etwa mit dem zuständigen Jugendamt in Verbindung zu setzen, was in zahlreichen Fällen auch geschieht.

Beratung verspricht, ebenso wie sonstige Formen außergerichtlicher Konfliktbewältigung, am ehesten Erfolg, wenn die Beteiligten freiwillig mitwirken. Vor diesem Hintergrund wird im BMJ auch erörtert, ob es vorzugswürdig wäre, wenn das Gericht die Eltern wie im französischen Recht zwar nicht zur Teilnahme, wohl aber zur Information über außergerichtliche Konfliktbewältigungsmaßnahmen verpflichten könnte (Artikel 373-2-10 Code Civil).


  1. Wann ist mit der im Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 angekündigten Anpassung des Rechtsberatungsgesetzes von 1935 an die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu rechnen?

Die Reform des Rechtsberatungsgesetzes soll bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode verwirklicht werden. Das BMJ beabsichtigt, bis Mitte 2004 einen ersten Entwurf einer Neuregelung zu erarbeiten.


  1. Welche Ergebnisse liegen der Bundesregierung zu dem im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführten Forschungsvorhabens zur Praxis des begleiteten Umgangs inzwischen vor?

Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass begleiteter Umgang eine sinnvolle Maßnahme für Familien in Trennung und Scheidung ist und von den Familiengerichten als Maßnahme häufig zur Anordnung gelangt.

Es konnten die Fallgruppen und Gestaltungskriterien herausgearbeitet werden, in denen sich begleiteter Umgang als hilfreiche Maßnahme erweist.

Es wurden Standards entwickelt, die die Jugendhilfeleistung begleiteter Umgang in ihren einzelnen Kriterien umfassend beschreibt sowie die Entscheidungs- und Handlungsprozesse in ihrem chronologischen Ablauf darlegt.

Es wurde ein Handbuch für die Anbieter von begleitetem Umgang erstellt, das konkrete und geeignete Hilfestellungen für verschiedene Konstellationen von Scheidungsfamilien aufzeigt, die in der Fachpraxis bislang umstritten waren (z. B. Kontaktverweigerung des Kindes, Gewalt in der Familie, binationale Familien mit Entführungsgefahr für das Kind).

Die Endfassung der Standards, die in einer vorläufigen Fassung (vom Juli 2001) bereits vorliegen, und das Handbuch werden im Lauf des Jahres 2004 veröffentlicht.


  1. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung gegenwärtig ausreichende Kapazitäten für die Umsetzung des betreuten Umgangs?

Die Kapazitäten zur Umsetzung des betreuten Umgangs sind, wie in der Antwort auf Frage 22 bereits erwähnt, zwar erheblich angewachsen. Jedoch kann nach den hiesigen Erkenntnissen sicherlich noch nicht von einem flächendeckenden Angebot entsprechender Leistungen nach § 18 Abs. 3 SGB VIII gesprochen werden. Die Angebotssituation in den Städten dürfte sich dabei vergleichsweise etwas besser darstellen als in den Landkreisen.


  1. Wie kann aus Sicht der Bundesregierung die Erstattung der Kosten des betreuten Umgangs gesichert werden?

Probleme bei der Erstattung der Kosten ergeben sich nach den hiesigen Erkenntnissen nur bei einer mangelhaften Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern und Gerichten. Wie bereits der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge in seiner Empfehlung zur Umsetzung der Kindschaftsrechtsreform in die Praxis ausgeführt hat (Nachrichtendienst des Deutschen Vereins 1999, S. 245), setzt die Kostenübernahme durch die öffentliche Jugendhilfe voraus, dass (auch) das Jugendamt den betreuten Umgang im Einzelfall für geeignet hält. Unter diesen Voraussetzungen besteht auch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens ein Anspruch auf Hilfestellung bei der Ausführung von Umgangsregelungen (§ 18 Abs. 3 Satz 4 SGB VIII). Deshalb sollte im Rahmen der Mitwirkung des Jugendamts im gerichtlichen Verfahren die Eignung des betreuten Umgangs rechtzeitig geklärt werden. Vom Gericht angeordnet werden kann ein begleiteter Umgang nach § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB nur, wenn ein „mitwirkungsbereiter Dritter“, das Jugendamt oder eine andere Einrichtung oder Person, für die Umgangsbegleitung zur Verfügung steht.


  1. Wie viele Angebote zur Aus- und Fortbildung von Familienrichterinnen und -richtern bestanden in den Justizverwaltungen der Länder seit Inkrafttreten des KindRG im Jahre 1998?

Auf Grund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit konnte keine vollständige Übersicht über die in den Ländern angebotenen Fortbildungsveranstaltungen erstellt werden.


  1. Wie viele Familienrichterinnen und -richter in der Bundesrepublik Deutschland (absolut und prozentual) haben seit Inkrafttreten des KindRG im Jahre 1998 an einer der o. g. Fortbildungsveranstaltungen teilgenommen? Konnte die Nachfrage durch das vorhandene Angebot abgedeckt werden?

Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung den gegenwärtigen Stand der Ausund Fortbildung von Richterinnen und Richtern im Hinblick auf die Arbeit an Familiengerichten?

Zur Beantwortung der Frage, ob und inwieweit der gegenwärtige, individuelle Aus- und Fortbildungsstand von allen Familienrichterinnen und -richtern den Anforderungen der Praxis genügt, liegen keine (rechtstatsächlichen) Erkenntnisse vor.

Durch die Reform der Juristenausbildung, die am 1. Juli 2003 in Kraft getreten ist, hat der Bundesgesetzgeber das Studium stärker an den Erfordernissen der Praxis ausgerichtet. Die Inhalte des rechtswissenschaftlichen Studiums wurden um die Vermittlung interdisziplinärer Schlüsselqualifikationen wie Verhandlungsmanagement, Gesprächsführung, Streitschlichtung, Mediation, Vernehmungslehre und Kommunikationsfähigkeit erweitert. Damit wurden weitere Grundlagen dafür geschaffen, dass familiengerichtliche Verfahren nicht nur mit der nötigen fachlichen Kompetenz, sondern auch mit der erforderlichen Sensibilität betrieben werden können: Die weitere Umsetzung der gesetzgeberischen Ziele ist Sache der einzelnen Länder.

Die Deutsche Richterakademie, die von Bund und Ländern gemeinsam getragene, überregionale Fortbildungseinrichtung für die Richterschaft, bietet regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen mit familienrechtlichen, verhandlungs- und vernehmungspsychologischen Inhalten an. Sowohl die Tagungen an der Deutschen Richterakademie als auch die Veranstaltungen an den Fortbildungseinrichtungen der Länder stoßen auf großes Interesse bei Familienrichterinnen und -richtern, was sich sowohl durch die rege Teilnahme als auch durch die regelmäßig positiven Bewertungen der Tagungen durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausdrückt.


  1. Sollte es aus Sicht der Bundesregierung eine Verpflichtung für Familienrichterinnen und -richter zur regelmäßigen Fortbildung geben?

Nach herrschender Meinung besteht bereits nach geltendem Recht eine Fortbildungsverpflichtung für alle Richterinnen und Richter.


  1. Wie beurteilt die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die auf dem 15. Deutschen Familiengerichtstag erhobenen Forderungen nach der Festschreibung einer obligatorischen Aus- und Fortbildung der Familienrichterinnen und -richter, die durch ein angemessenes Angebot der Justizverwaltungen abzusichern ist?

Wie ausgeführt besteht bereits nach geltendem Recht eine Fortbildungsverpflichtung für Richterinnen und Richter. Zur umfassenden Regelung einer zeitlich und inhaltlich festgelegten Fortbildungsverpflichtung für Richter im Landesdienst, in dem die Mehrzahl der mit familienrechtlichen Verfahren befassten Richterinnen und Richter steht, fehlt dem Bund die Gesetzgebungskompetenz. Seine Rahmengesetzgebungskompetenz (Artikel 98 Abs. 3 Satz 2 GG) erlaubt dem Bund insoweit nur, eine Regelung zu erlassen, die die Art der Fortbildung allgemein beschreibt. In Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen sind dem Bund dagegen grundsätzlich verwehrt (vgl. Artikel 75 Abs. 2 GG).



Deutscher Bundestag - 15. Wahlperiode - Drucksache 15/2399
28.01.2004



Trennungsväter e.V.
20.02.2004