Väter kämpfen um Ihre Kinder

Väterseiten sind eine besondere Welt. Sie heißen www.pappa.com, www.vatie.de oder auch www.trennungsvaeter.de. Dahinter verbergen sich traurige Familienschicksale: Immer mehr Männer, die getrennt von Frau und Nachwuchs leben, kämpfen darum, Ihre Kinder zu sehen. Denn längst nicht immer Ist der Umgang gerichtlich oder einvernehmlich mit der Mutter geregelt.

"Es existiert immer noch das Klischee vom miesen Ehemann, der seine Familie im Stich lässt, um sich anschließend ein schönes Leben mit einer jüngeren Frau zu machen", so Reinhard Birner von Trennungsväter e.V. Die Wirklichkeit sehe anders aus: Im Gerangel um Unterhalt und Einfluss werde das Besuchsrecht von vielen Frauen regelrecht instrumentalisiert. Kämpfe, die auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Davon ist eine wachsende Zahl Mädchen und Jungen betroffen, denn die Quote der Ehescheidungen in Deutschland steigt nahezu kontinuierlich. Im Jahr 2002 wurden 204.200 Ehen geschieden, betroffen waren rund 160.000 minderjährige Kinder. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es gut 135.000 Scheidungen und rund 101.000 betroffene Kinder.

Auf Väterseiten organisieren sich die Männer. Sie rufen auf zu Demonstrationen und marschieren dann tatsächlich - wie Reinhard Birner - mit 200 Leuten von Regensburg nach Berlin zum Schloss Bellevue, um Bundespräsident Rau eine Petition in die Hand zu drücken. Darin wird für jedes Kind das Recht gefordert, mit jedem Elternteil Umgang zu haben. Auch bei nicht verheirateten Paaren soll das gemeinsame Sorgerecht als Normalfall gelten. Pech für die Väter: Sie bekommen Rau gar nicht zu Gesicht. Sie können ihre Wunschliste nur abgeben. Neben der politischen Arbeit bestehen praxisorientierte Angebote, zum Beispiel eine Art Bettenbörse, zu finden auf der Site von Väteraufbruch www.vafk.de. Weil manche Mütter mit ihren Kindern in eine weit entfernte Stadt ziehen. Wer als Mann jedoch für ein Wochenende bei einem ebenfalls geschiedenen Vater übernachtet, kann seine Kinder auf diese Weise in einem familiären Umfeld wieder sehen - und ist "nicht auf McDonald's und Kino angewiesen", so Rüdiger Meyer-Spelbrink von Väteraufbruch. Dieser Verein ist die wohl größte bundesdeutsche Initiative, sie hat 2500 eingetragene Mitglieder und 75 Ortsgruppen, die sich auch offline treffen. Online-Beratung für die akut Verzweifelten, Foren und Chats für Zweitfrauen - neben vielen Informationen gibt es auch zahlreiche interaktive Elemente im Internet. Nicht selten wird polemisiert: "Vorsicht Ehe" heißt es auf www.vaeter-aktuell.de. Doch wer sich mit Betroffenen unterhält, erfährt beinahe Unglaubliches. Es wird von Müttern berichtet, die bei Nacht und Nebel mit ihren Kindern verschwinden. Von Vätern, die zwar für den Krankenhausaufenthalt ihres Kindes zahlen müssen, aber vom Arzt keine Auskünfte bekommen. "Da entsteht eine Menge Verbitterung", so Ralf Grabowski von www.wochenendvater.de. Er hat selbst eine Trennung hinter sich, danach brauchte er "unbedingt Kontakt zu Betroffenen". Wie sehr Väter leiden und wie sehr sich auch ihr Selbstverständnis verändert hat, ist in dem neu erschienenen Buch mit dem Titel "Scheidungsväter" von Gerhard Amendt nachzulesen. Es enthält die Ergebnisse einer mehrjährigen Studie, in deren Verlauf 3500 Männer befragt wurden.

Dreiviertel von ihnen gaben an, die Trennung habe sich auf ihre Gesundheit negativ ausgewirkt. Amendt, der am Institut für Geschlechter- und Generationenforschung an der Universität Bremen arbeitet: "Männer von heute wollen am Leben der Kinder wirklich teilhaben." Die Rolle des Versorgers genüge ihnen nicht mehr. Amendt: "Wie sehr sich das verändert hat, war sogar für uns als Wissenschaftler absolut überraschend."

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17.12.2003



Trennungsväter e.V.
19.01.2004