Demo 14.6.2008 Berlin
Initiative und Organisation durch Väteraufbruch

Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Kinder klaut!“

 

Abschlussrede von Prof. Dr. Dr. Ulrich Müller

10 Jahre Kindschaftsrechtsreform

Allen Kindern beide Eltern! ist die zentrale Forderung unserer Organisation, des Väteraufbruch für Kinder e.V., der größten deutschen Väterorganisation.
Dieser Forderung ist die Kindschaftsrechtsreform von 1998 - das Jubiläum ist das Motto der diesjährigen Väter-Demo –ein großes Stück näher gekommen. Noch aber sind wir besonders in Deutschland von einer vollen Verwirklichung dieses Ziels auch für alle Kinder aus gescheiterten Ehen und Beziehungen weit entfernt.
Warum fordern wir Allen Kindern beide Eltern!? Ich frage alle anwesenden Frauen und Männer, alle anwesenden Mütter und Väter: wer war für Ihr persönliches Menschwerden, Ihre persönliche Entwicklung wichtiger: Ihre Mutter oder Ihr Vater? --- Na sehen Sie! Und weil für die meisten Menschen Vater und Mutter gleich wichtig und gleich unersetzlich und nicht austauschbar sind, im Guten wie im Schlechten, deshalb sollen auch alle diejenigen Kinder beide Eltern haben, die das Leben auseinandergebracht hat, die kein Liebespaar und kein Ehepaar mehr sind, die aber dennoch in den allermeisten Fällen weiterhin Eltern sein wollen.

Kinder sollen so wenig wie möglich in ihrer Entwicklung dadurch benachteiligt werden, in welchen Rechtsverhältnissen ihre Eltern zueinander standen. Haben doch alle Kinder ein Recht darauf, starke Eltern zu haben, stark nach außen, aber auch gleich stark im Verhältnis zueinander, starke Eltern, die das Leben ihrer Kinder schützen und gestalten können. Ob ein Vater ein starker Vater sein darf, kann doch nicht von der Willkür der Mutter abhängen. Ehefrauen brauchen doch seit fünfzig Jahren in diesem Land keine Genehmigung ihres Ehemannes mehr, wenn sie ein Konto eröffnen wollen. Warum brauchen dann Väter die Genehmigung der Mütter, wenn sie ihren leiblichen, nichtehelichen Kindern vollgültige Väter sein wollen?
Deshalb unsere erste Forderung: beiden Eltern von Rechts wegen, und nicht nur nach freiem Belieben der Mutter, ein gleiches Sorgerecht, ungeachtet, ob sie miteinander verheiratet oder nicht verheiratet oder vielleicht anderweitig verheiratet sind. Und auch wenn die Liebesbeziehung der Eltern ohne Tiefgang war – wer sagt denn, dass beide nicht wenigstens starke, erziehungsfähige und erziehungswillige Väter und Mütter sein können? In den meisten europäischen Staaten gilt, dass leibliche Elternschaft allein und ohne weiteres das Sorgerecht begründet. Warum nicht auch bei uns?

Kinder brauchen nicht nur starke Eltern, sie brauchen auch Eltern die schlicht und einfach da sind, und das nicht zu knapp. Da man Kinder nicht aufteilen kann, was schon Salomon in seinem weisen Urteil wusste, und da Kinder nach der Trennung meistens bei nur einem Elternteil wohnen, muss das Recht des Kindes auf einen ausreichenden und regelmäßigen Umgang mit dem Elternteil geschützt werden, bei dem das Kind nicht wohnt. Geschützt gegen den Elternteil, der aus selbstsüchtigen Gründen, aus Einsamkeit, Rachsucht, den Umgang mit dem anderen, dem schwachen Elternteil vereitelt.

Geschützt werden heißt, dass wenn alle Hilfs- und Beratungsangebote abgewiesen werden, wenn Ermahnungen und sanfte Strafen nichts fruchten, schließlich der lange Arm des Gesetzes den Umgang gegen jeden Widerstand durchsetzt.
Ist das bei uns so? Leider nicht. Tatsächlich gibt es kaum einen anderen Rechtsbereich, in dem der einzelne, so er oder sie einmal in einer günstigen Position ist, so ungestraft Gesetze und Urteile verhöhnen kann, wie Kinderhaber beim Umgang Kinderentbehrer, Gesetzgeber und Gerichte verhöhnen können.

Das muss sich ändern. In den letzten Jahren ist einiges in die richtige Richtung auf den Weg gebracht worden, aber auch in den gegenwärtig erörterten Gesetzesentwürfen bleibt Umgangsvereitelung eine Ordnungswidrigkeit, während der, der keinen Unterhalt zahlt, eine Straftat begeht.
Das verstehe wer will. Es ist klar, dass bei Umgangsvereitelung man erst einmal eine friedliche, eine Beratungslösung versuchen soll. Wenn man nicht letztlich wirklich muss, braucht man sich auch gar nicht beraten lassen. Wenn der Staat nicht durchsetzt, dass man Schulden zurückzahlen muss, braucht man auch keine Schuldnerberatung.
Deshalb unsere zweite Forderung: Umgangsrechte des Kindes müssen von Staats wegen durchgesetzt werden wie Unterhaltspflichten oder Steuerpflichten. Umgangsvereitelung muss eine Straftat werden.

Heike Dietrich von der Zweitfraueninitiative:

Mein Name ist Heike Dietrich. Ich spreche hier heute im Auftrag der Zweitfraueninitiative vom Väteraufbruch für Kinder. Die Zeiten, in denen Menschen zusammen lebten, bis sie vom Tod geschieden wurden, sind längst passé. Die meisten Erwachsenen haben bereits eine oder mehrere Beziehungen hinter sich, wenn sie eine neue Beziehung eingehen. Im Zeitalter der Lebensabschnittspartnerschaften hat fast jeder einen Expartner oder eine Expartnerin.

Eine unglückliche Ehe wird selten glücklich geschieden.
Die Zweitfamilie im 21. Jahrhundert, die häufig zu einer deutlichen gesellschaftlichen Benachteilung à la Familiensystem 2. Klasse degradiert wird, sowohl in der Rechtsprechung wie auch im gesellschaftlichen Bewusstsein. Die Exfrau bestimmt, wenn auch indirekt, das Leben der neuen Familie mit. Unterhaltsforderungen die ins maßlose gehen, Umgangspläne die grundsätzlich kurz vor dem Umgang mit den Kindern geändert oder abgesagt werden und Nebenkriegsschauplätze wir z.B. der Vorwurf vom sexuellen Missbrauch oder Gewaltanschuldigungen machen der neuen Familie das Leben immer wieder schwer, wenn nicht sogar unerträglich. Gerichte, Jugendämter und unsere Politik unterstützen dieses rechtswidrige Verhalten der Exfrauen häufig noch. Die Exfrau schwebt wie ein böser Geist über die neue Beziehung. Hier und heute möchte ich für alle Zweitfrauen, für alle Zweitfamilien sagen, „ES REICHT“!

Daher fordern wir Zweitfrauen die Gleichberechtigung gegenüber getrennten, geschiedenen und Unterhaltsbeziehenden Müttern.
 

Wenn diese Forderungen konsequent umgesetzt würden, hätten auch die Zweitfamilien wieder eine finanzielle und familiäre Perspektive. Allen Kindern beide Eltern und der Zweitfamilie etwas mehr Rechtssicherheit. Danke

Rechtsanwalt Marcus Gnau, Bundesvorstand, Auszüge aus seiner Rede:

...Resümierend muss deswegen leider festgestellt werden, dass die Reform des Kindschaftsrechts vor 10 Jahren nicht zu dem Erfolg geführt hat, der zum Schutz des Kindeswohl nicht nur wünschenswert, sondern dringend erforderlich wäre. Zwar können nun nichteheliche Paare die gemeinsame elterliche Sorge vereinbaren. Auch können sich trennende Eltern auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht erhalten. Aber in den hochstreitigen Fällen hat der Gesetzgeber gemeinsam mit dem BVerfG durch Schaffung der Möglichkeit der Übertragung der Alleinsorge auch ohne Vorliegens einer akuten Kindeswohlgefährdung den Eltern zum Schaden deren Kinder ein Forum geschaffen, in dem sie sich trefflich bekriegen, verletzen, demütigen und manchmal auch vernichten können und auch müssen. Denn der Gesetzgeber schreibt vor, dass dem, das Sorgerecht beanspruchende Elternteil dann die Alleinsorge zu übertragen ist, wenn dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

Man muss also nachweisen, dass man der bessere Elternteil ist. Und wie macht man das? Richtig, indem man den jeweils anderen Elternteil schlecht macht, wo es nur geht und man ihn sprichwörtlich „in die Pfanne haut“! Der Gesetzgeber fordert also den Elternkrieg, in den Fällen, in denen ein Elternteil die Alleinsorge haben möchte. Zum 10. Geburtstag der Kindschaftsrechtsreform fordere ich deshalb folgende Veränderungen:

  1. gemeinsames Sorgerecht auch nichtehelicher Eltern von Geburt an, auch ohne Zustimmungserklärung der Mutter, also Abschaffung des § 1626a BGB

  2. keine Sorgerechtsübertragung auf einen Elternteil allein ohne akute Kindeswohlgefährdung durch den jeweils anderen Elternteil

  3. Paritätische Betreuung und Erziehung der Kinder auch nach Trennung und Scheidung

  4. Pflicht zur Teilnahme an Therapien und Mediation in Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten unter Aufstellung eines Sanktionskatalogs für Fälle der Teilnahmeverweigerung

  5. Erst wenn diese Forderungen gesetzlich umgesetzt sind und von den Familiengerichten auch befolgt werden, kann man von einer wirklichen Kindschaftsrechtsreform reden.

  6. Sehr verehrte Frau Bundesjustizministerin Zypries, blicken Sie über den eingeschränkten juristischen Tellerrand der Bundesrepublik ins europäische Ausland zu unseren Nachbarstaaten. Dort gibt es Kindschaftsrechtsreformen, die ihre Bezeichnung zu Recht tragen.

 


Trennungsväter e.V.
19.6.2008